Vor 50 Jahren hat er sich in der Wiener Stadthalle als erster Franzose überhaupt zum Judo-Weltmeister gekürt – Jean-Luc Rouge, mittlerweile 76 Jahre jung, erinnert sich gern an Österreich. Mehr noch! „Ich bin verliebt in diese Stadt“, sagt der 1,90 Meter große spätere IJF-Funktionär. „Weil ich in Wien sogar dreimal Weltmeister wurde!“ Darüber und über seine Meinung zum aktuellen Judo lesen Sie hier.
Welch großartige Judoka hat dieses Land mit fast einer Million aktiven Judoka hervorgebracht! Von Thierry Rey (bis 60 Kilo) und Schwergewichtler Angelo Parisi, den ersten beiden Olympiasiegern 1980 in Moskau, über den zweifachen Olympia-Champion David Douillet (1996 und 2000/über 100 Kilo) und „Judo-Mama“ Clarisse Agbegnenou (sechsfache Weltmeisterin und Olympiasiegerin 2024) bis zu Teddy Riner, dem elfmaligen Weltmeister und fünffachen Olympiasieger im Schwergewicht (dreimal im Einzel/2012, 2016 und 2024 sowie zweimal mit dem Mixed-Team/2021 und 2024). Insgesamt 13 Tricolores-Judoka haben in diesen 50 Jahren für 16 französische Olympiasiege (ohne Mixed) gesorgt. Aber Rouge war der erste dieser Stars.
Mit Siegen über Wojciech Dworczynski (POL), Barry Johnson (AUS), den Sowjetrussen Viktor Betanov und im Semifinale den Briten David Starbrook erreichte Rouge in Wien das Finale der Klasse bis 93 Kilo gegen den Japaner Michinori Ishibashi. Er gewann es nach einem denkwürdigen Fight, in dem beide einander nichts schenkten. Rouge erinnert sich: „Wir waren beide so kaputt, dass wir am Ende fast nicht mehr aufstehen konnten. Aber ich war natürlich glücklich über meinen Triumph!“ Es war nicht der erste des Franzosen in Wien. „Ja, ich war schon 1971 in eurer Stadt Weltmeister – bei der Militär-WM in der Maria-Theresien-Kaserne. Da habe ich meine Klasse und die Open gewonnen. Nicht nur deshalb liebe ich Wien!“
Dass Jean Luc Rouge der erste große (im wahrsten Sinn des Wortes) Judoka Frankreichs war, ist für ihn nur eine Nebenerscheinung. „Ich wusste ja damals noch nicht, was nach mir kommt. Aber ich freue mich natürlich über jeden französischen Erfolg.“ Noch heute ist der 76-Jährige bei allen großen Events dabei. Nach seiner aktiven Karriere, in der er bis 1980 auch viermal Europameister wurde, schlug Rouge eine Funktionärs-Laufbahn ein. Er war Präsident des französischen Verbandes, Vizepräsident der Europäischen Judo-Union und Generalsekretär der IJF. Rouge ist Träger des 10. Dan und seit 2017 Kommandeur der Ehrenlegion, eine sehr hohe Auszeichnung in Frankreich.
Wie sieht er das aktuelle Judo? „Es hat sich sehr stark weiter entwickelt, vor allem auch bei den Frauen. Ich glaube, dass wir in der IJF gute Voraussetzungen geschaffen haben, Judo in der Welt populärer und auch für Nicht-Fachleute verständlicher zu machen.“ Und was sagt er zum aktuellen Superstar Teddy Riner? „Als David Douillet zweimal Olympiasieger wurde, hätten wir nie gedacht, dass das noch zu toppen ist. Aber Teddy hat uns eines Besseren belehrt. Seine Erfolge sind unglaublich, er ist bald zwei Jahrzehnte nahezu unschlagbar, ein Juwel des Judo!“
Und wann kommt Jean-Luc wieder in die Stadt, in die er verliebt ist? „Organisiert einen großen Event, dann komme ich wieder. Und das sehr gerne. Nicht nur des Judo wegen – Wien ist eine großartige Stadt, ich fühle mich hier sehr wohl.“
Laura in Sarajevo
Am Wochenende sind ÖJV-Judoka bei zwei Turnieren im Ausland im Einsatz. Bei den European Open in Sarajevo ist Laura Kallinger (Judoring Wien) bis 57 Kilo an Nummer 4 gesetzt. Sie ist unter den sechs rot-weiß-roten Judoka die einzige Wienerin. Beim Unter-18-Europacup im slowenischen Ski-Ort Kranjska Gora sind vier ÖJV-Judoka dabei, aber leider keiner aus Wien.
Foto: Jean-Luc ROUGE auf dem Gipfel seiner Erfolge - dem obersten Podest bei der WM 1975 in Wien - @David Finch/www.judophotos.com
