Die 80er-Jahre – das „Goldene Jahrzehnt“

Im zweiten Teil unserer Serie über die Olympia-Geschichte im Judo befassen wir uns heute mit dem „Goldenen Jahrzehnt“ – die 80er-Jahre brachten den ersten, historischen Olympiasieg im Judo für Österreich und eine erfolgreiche Titelverteidigung, sowie eine Bronzemedaille. Und auch bei den Frauen, die 1988 als Vorführbewerb in Seoul dabei waren, gab es Edelmetall. Und abseits von Olympia gab´s in den 80ern auch etwas Historisches: Gold bei einer Frauen-EM in vier von acht Gewichtsklassen Gold!

Die 80er-Jahre – das „Goldene Jahrzehnt“

Nachdem Peter Seisenbacher als gerade mal 20-Jähriger 1980 bei der Heim-EM im Wiener Dusika-Stadion Silber geholt hatte, hegte man Hoffnungen für die Olympischen Spiele im selben Jahr in Moskau. Doch „Seise“ erfüllte die Erwartungen nicht, schied bei seiner ersten Olympia-Teilnahme aus. Aber er sammelte, wie wohl alle Olympia-Neulinge, Erfahrung. Auch wenn Olympia in Moskau anders war als gewohnt. Die Amerikaner hatten die Spiele boykottiert, vier Jahre später „revanchierte“ sich der Ostblock mit der Nichtteilnahme in Los Angeles.

Die Jahre bis zu den Spielen 1984 in Kalifornien waren durchwachsen. Robert Köstenberger wurde zwar 1982 in Rostock, als erster Österreicher seit Walter Gauhs 1958, Europameister im Halbschwergewicht, im Olympiajahr aber wurden Köstenberger und Seisenbacher „nur“ Dritte. Aber auch Josef „Pepi“ Reiter hatte sich als Vize-Europameister und dreimaliger EM-Dritter in den Jahren zuvor für Los Angeles empfohlen. Und der Bauer aus dem Mühlviertel war auch der erste österreichische Judoka, der als Olympia-Medaillengewinner in die Annalen eingeht. In der Klasse bis 65 Kilo holte „Pepi“ mit einem Sieg über den Italiener Sandro Rosati Bronze. Drei Tage später, am 9. August 1984, war Seisenbacher an der Reihe. Und der Wiener legte alle aufs Kreuz, auch im Finale den US-Amerikaner Robert Berland. Es sollte Österreichs einziger Olympiasieg 1984 bleiben, neben Reiters Bronze gab es noch Silber für den Schützen Andreas Kronthaler.

Vier Jahre später, 1988 in Seoul. Seisenbacher kam als Weltmeister 1985 in der selben Halle, Europameister 1986, aber auch als genesener Patient nach einem Kreuzbandriss 1987. Die Frage war, ob ihn diese schwere Verletzung zurückgeworfen hat. Jedenfalls galt Peter wieder als große Gold-Hoffnung. Damals war Judo erst am Ende des Kalenders an der Reihe. Und drei Tage vor diesem Ende hatte Österreich noch keine Medaille. Die Medien schrieben etwa über unsere Schwimmer: „Der größte Erfolg ist, dass keiner von ihnen ertrunken ist.“ Oder: zwei Ruderer fuhren in ihrem Boot zum Start und kollidierten mit dem US-Boot. Während die Amerikaner unbeschadet davonkamen, sank unser Boot. Das Bild mit den nur noch sichtbaren beiden Oberkörpern ging um die Welt. Und Boxer Biko Botowamungu, der herausposaunt hatte, „ich werde Olympiasieger“, lag in der zweiten Runde schwer geschlagen bewusstlos im Ring. Aber wir hatten ja noch „Peter, den Großen“. Und diesmal enttäuschte er die Fans nicht. Er fegte alles, was kam, von der Matte, siegte auch im Finale gegen den Russen Wladimir Schestakow und war damit der erste Judoka der Welt, der einen Olympiasieg erfolgreich verteidigen konnte. Tags darauf machte es ihm Japans mittlerweile verstorbener Schwergewichtler Hitoshi Saito nach, der zweite japanische Super-Schwere und heutige Verbandspräsident Yasuhiro Yamashita holte Open-Gold.

Zweimal Olympia-Gold in vier Jahren! Das war sensationell – und hatte mehrere „Väter des Erfolges“. Einer war sicher George Kerr, der damals das ÖJV-Team und Seisenbacher speziell coachte. Der Schotte, mittlerweile 83 Jahre, galt als einer der weltbesten Coaches, ist heute Träger des 10. Dan. Und ÖJV-Präsident Kurt Kucera, dem zweiten „Vater“ war es gelungen, den Mann aus Edinburgh zu verpflichten. Aber beim Kapitel Seoul 1988 gehört auch Roswitha Hartl erwähnt. Die Steirerin holte nämlich Bronze im olympischen Vorführbewerb bis 66 Kilo.

Zum „Goldenen Jahrzehnt“ gehört aber auch etwas am Rande von Olympia – die Frauen-EM 1982 in Oslo. Dort gewannen nämlich Edith Simon (bis 66 kg und Allkategorie), Edith Hrovat (bis 52 kg) und Herta Reiter (bis 61 kg), die Schwester von „Pepi“, vier von acht möglichen Goldmedaillen. Nur Gerda Winklbauer war damals mit „nur“ Bronze enttäuscht. Das konnte man aber in diesem „Goldenen Jahrzehnt“ leichter verschmerzen …

Foto oben: Der Beschützer-Präsident - Kurt KUCERA mit seinen Schützlingen Josef "Pepi" REITER, Thomas HAASMANN, Peter SEISENBACHER und Robert KÖSTENBERGER (von links) - @ÖJV/Prof. Kristian Bissuti

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