Jawollll! Bronze!

Der Bann für Österreichs Olympiateam in Paris ist gebrochen! Und sie hat ihre zweite Olympia-Medaille! Michaela Polleres holte am Mittwoch Nachmittag in der Champ-de-Mars-Arena nach Silber vor drei Jahren in Tokio Bronze bis 70 Kilo – mit einem Ippon-Sieg über die Spanierin Ai Tsunoda Roustand. Die Grundlage für die Medaille der 27-jährigen Niederösterreicherin vom JC Wimpassing war der Viertelfinalsieg über Ex-Weltmeisterin Marie Eve Gahie (FRA).

Es ist die erste ÖOC-Medaille dieser Spiele in Paris und die achte Olympia-Medaille für Österreich im Judo. Nach Josef „Pepi“ Reiter 1984 in Los Angeles und Shamil Borchashvili vor drei Jahren in Tokio die dritte in Bronze. Und für die Ternitzerin persönlich die fünfte bei Großereignissen. Zwei Medaillen bei zwei Olympischen Spielen (übrigens als erste Österreicherin seit der Fechterin Ellen Müller-Preis vor gut 70 Jahren!), dazu zweimal WM-Bronze (2021 und 2023) sowie EM-Bronze 2018. Das spricht vor allem auch für die Stabilität von „Michi“, die jetzt auch die erfolgreichste österreichische Judokämpferin in der Olympia-Geschichte ist. Superlativen über Superlativen!

Aber es war bei Gott kein Spaziergang für „Michi“! Denn schon ihr erster Kampf gegen die Britin Katie-Jemima Yeats-Brown stand auf Messers Schneide. Nach etwa zwei Minuten geriet Polleres kurz in einen Osaekomi (Festhalter), konnte sich aber schnell befreien. Beide gingen mit je zwei Shido-Verwarnungen in den Golden Score, nach einem weiteren Angriff ihrer Gegnerin fürchtete man schon die „rote Karte“, doch dann nützte sie einen Fehler der Britin, brachte sie zu Boden und hielt sie 20 Sekunden fest.

Wie ausgewechselt trat sie dann gegen die Ex-Weltmeisterin Gahie auf, die von den 8.000 Franzosen in der Halle mit Gahie-Sprechchören angefeuert wurde. Schnell gelang Michaela ein Waza-ari, dann nützte Polleres einen Fehler der Lokalmatadorin und hielt auch sie, weil schon mit Waza-ari in Führung liegend, zehn Sekunden fest. Damit stand Polleres im Semifinale!

Die Deutsche Miriam Butkereit, die bis Olympia noch keine große Medaille hatte, präsentierte sich aber überraschend stark. Nach ausgeglichenen vier Minuten ohne Wertung aber zwei Shidos für beide ging es in den Golden Score, der kein goldener für Polleres wurde. Denn nach knapp zwei Minuten in der Overtime rächte es sich, dass Polleres mehr auf Konter wartete statt anzugreifen – und es kam das logische Hansokumake. Aber im Kampf um Bronze war sie wieder voll da! Diesmal klappte es mit einem Selbstfallwurf (Sumi gaeshi) – Ippon, und die Bronzene war gesichert!

„Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll, bin total happy“, freute sich Polleres nach dem Kampf um Bronze. „Vor allem, dass meine Eltern und meine Schwester dabei waren, was vor drei Jahren in Tokio leider nicht möglich war, macht mich glücklich!“ Erste Gratulantin war Schwester Daniela, die einfach von der Tribüne in den Innenraum sprang und Michi umarmte. Sie war zwar nach dem verlorenen Semifinale („das war sehr ärgerlich“) kurz enttäuscht, „aber im Bronze-Kampf voll konzentriert!“ Auch, weil ihr Heimtrainer Adi Zeltner per Telefon mit den ÖJV-Trainern in Paris ständig kommunizierte. Dafür bedankte sich auch ÖJV-Headcoach Yvonne Snir-Bönisch. „Wir haben Michi zwischen dem verlorenen Semifinale und dem Bronze-Kampf wieder positiv gestimmt, und Adi hat daran einen großen Anteil. Unglaublich, wie stabil Michi ist“, freute sich die Trainerin.

Bei den Männern bis 90 Kilo (ohne Österreicher) ging Gold an Olympiasieger Lasha Bekauri (GEO), der im Finale den japanischen WM-Dritten Senshiro Murao bezwang. Damit kein Gold für das Mutterland des Judo am fünften Tag der Spiele. Enttäuscht auch Nemanja Majdov, der serbische Vize-Weltmeister (Nummer 2 im Ranking) von Abu Dhabi – er schied mit einer Niederlage in seinem ersten Kampf sensationell aus.

Nach fünf Wettkampftagen führt weiterhin Japan (3/1/3), jetzt vor Georgien (1/1/0) und Kasachstan (1/0/1). Fünf Nationen (AZE, CAN, CRO, SLO, UZB) haben eine Goldmedaille. Und Österreich ist nach Bronze von Polleres und Rang 5 von Lubjana Piovesana (bis 63 kg) in der Nationenwertung unter den 122 teilnehmenden Ländern auf Rang 18.

Am Donnerstag ist mit Aaron Fara (ebenso JC Wimpassing) in der Klasse bis 100 Kilo der letzte ÖJV-Athlet im Einzel an der Reihe. Er zog mit Olympiasieger Aaron Wolf (JPN) ein Hammerlos! Sollte er diese Hürde nehmen können, würde Jorge Fonseca (POR), der zweifache Weltmeister (2019 und 2021) warten. Da kann unser „Siegen statt Fliegen“-Aaron nur gewinnen!

Foto: Der entscheidende Sumi-gaeshi-Angriff von Michaela POLLERES im Kampf um Bronze - @IF Media / Tamara Kulumbegashvili

Neben

Ähnliche Beiträge

  • Springer in Italien Fünfte

    Neben der Veteranen-WM in Krakau fand in Italien, in Riccione, das European Open statt. Dabei konnte die Wienerin Jacqueline Springer den fünften Platz erobern. Springer (-48kg/Vienna Samurai) konnte sich als einzige ÖJV-Athletin in den Rängen platzieren. Sie schlug in der ersten Runde Rayhon Shavkadova (TKM) ebenso mit Ippon wie Melanie Vieu (FRA) in Runde zwei….

  • Fast letzter Tag der WM

    Am heutigen letzten Tag (12.10.) der Einzelbewerbe bei den Judo-Weltmeisterschaften im usbekischen Taschkent gab es viele Überraschungen und trotz einer beachtlichen Leistung wieder kein Edelmetall für Österreich. Mit Daniel Allerstorfer ging in der Klasse über 100 kg der letzte Gladiator in die Arena. Und der Mühlviertler überraschte dann auch bei seinem ersten Kampf gegen Wilfried…

  • Doch Happy End für Riner & Team France

    Judo-Superstar Teddy Riner hat doch noch seine Goldene in Tokio! Beim abschließenden Mixed-Bewerb am Samstag gewann nämlich Frankreich das Finale gegen Gastgeber und Lokalmatador Japan mit 4:1 – also doch noch ein Happy End für das Team France! Bronze ging an Deutschland und Israel. Während Österreichs erfolgreiches Judo-Team im AUA-Flieger nach Wien saß, gab es…

  • Kein Sieg beim EM-Debüt

    Mit 33 Jahren feierte der Mühlviertler Florian Doppelhammer am Freitag, dem ersten Tag der Judo-EM in Montpellier (FRA) sein Debüt bei einer Europameisterschaft – doch es gab kein Happy-End für den Lehrer und Landestrainer aus Oberösterreich. Flo musste sich in seinem ersten Kampf der Klasse bis 66 Kilo dem Esten Viljar Lipard nach 24 Sekunden…

  • Ein Tag zum Vergessen

    Der zweite Tag des Grand Prix-Turniers in Zagreb war aus rot-weiß-roter Sicht einer zum Vergessen – alle drei ÖJV-Judoka schieden am Samstag früh aus, auch Olympia-Starter Samuel Gaßner (UJZ Mühlviertel / bis 73 Kilo) und der WM-Siebente Bernd Fasching (Kukla Galaxy Tigers / bis 81 kg). Einzig dessen Klub- und Kategorien-Kollege Magamed Borchashvilli gelang ein…

  • Bronze für Hegyi

    Einen Tag nach Silber für Bernd Fasching (bis 81 Kilo/Galaxy Tigers) gab es Österreichs zweite Medaille beim Grand Prix in Zagreb – und wieder durch einen Wiener. Stephan Hegyi (SC Hakoah) holte in der Klasse über 100 Kilo mit einem Waza-ari-Sieg über Tieman Diaby (FRA) seine erste Bronzemedaille auf der World Tour seit über dreieinhalb…