Olympische Spiele sind das Treffen der weltbesten Sportler in vielen Sportarten. Im Judo ist es etwas anders. Denn pro Gewichtsklasse darf pro Land nur ein Judoka auf die olympische Matte. Also keine zwei Japaner, keine zwei Franzosen, keine zwei Koreaner, keine zwei Russen. Damit schadet sich der Judosport selbst und wertet das vielleicht einzige und größte Turnier eines Judoka ab. LV-Pressereferent Josef Langer hat mit einem Reform-Vorschlag IJF-Präsident Marius Vizer konfrontiert. Lesen Sie mehr über die Idee.

An einem Tag, an dem man im rot-weiß-roten Lager über die WM-Bronzemedaille von Michaela Polleres in der Klasse bis 70 Kilo jubeln darf, mit der eine elfjährige Durststrecke bei Weltmeisterschaften beendet wurde, freut man sich als Judo-Fan natürlich sehr. 43 Tage vor Beginn der olympischen Judobewerbe lässt diese Medaille hoffen, dass es auch in Tokio mit Edelmetall klappen könnte. Da war olympisches Silber von Ludwig Paischer 2008 in Peking die bisher letzte Medaille. 2012 in London und 2016 in Rio ging Österreich leer aus.

Dabei, sagen viele, ist es leichter, eine olympische Medaille zu machen als bei einer WM aufs Podest zu kommen. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Pro Gewichtsklasse und Land darf nur ein Judoka auf die olympische Matte, während bei Weltmeisterschaften zwei antreten dürfen. Einige Beispiele gefällig?

Männer, bis 66 Kilo: Der Weltmeister von 2017 und 2018, Hifumi Abe, steigt auf die Matte im Budokan, der aktuelle Weltmeister (2019 und 2021), Joshiro Maruyama, darf nur zuschauen. Abe hat den internen japanischen Kampf um den einzigen Olympia-Platz nach 24 (!) Kampfminuten gegen Maruyama gewonnen.

Frauen, bis 57 Kilo: Hier stellt Kanada die Nummer 1 und 2 der Welt. Vor zwei Jahren holte Christa Deguchi WM-Gold, diese Woche in Budapest war es ihre Team-Rivalin Jessica Klimkait, die jetzt nach Tokio darf. Aber die (noch) als Nummer 1 der Welt geführte Deguchi bleibt daheim in Kanada.

Frauen, bis 70 Kilo: Frankreichs Judo-Verband hat schon vor der WM Margaux Pinot für Olympia nominiert. Sie war in Budapest nicht dabei, dafür aber die Weltranglisten-Erste und Titelverteidigerin Marie Eve Gahie. Und die dürfte so entnervt gewesen sein, dass sie sich gleich in der ersten Runde bis 70 Kilo von der WM verabschiedete. In dieser Klasse könnte man auch das niederländische Duell zwischen der vierfachen Europameisterin Kim Polling und der zweifachen Europameisterin Sanne van Dijke, die heute WM-Bronze holte, dazuzählen.

Männer, über 100 Kilo: Hier sind es zwei russische Europameister im Schwergewicht, die um einen Olympiaplatz rittern. Tamerlan Baschajew, Europameister 2020, und Inal Tassojew, Europameister 2021. In Budapest ist am Samstag Baschajew im Einsatz, was die Vermutung nährt, dass sich Tassojew schon auf Olympia vorbereitet.

Es ist schade, wenn in Tokio Judoka wie Mayurama, Deguchi, Polling, Gahie und Baschajew fehlen. Eine Lösung könnte sein, bei den nächsten Spielen 2024 in Paris die “Ein-Judoka-Regelung” für jene Athleten aufzuheben, die nach Abschluss der Olympia-Qualifikation unter den Top 8 (gesetzt) oder Top Ten sind. Man müsste dann, um die gleiche Judoka-Starterzahl zu erreichen, von den hinteren Quotenplätzen den einen oder anderen abziehen.

Es wird sich weltweit niemand darüber aufregen, wenn ein Moldawier, Norweger oder Usbeke nicht dabei ist. Sehr wohl aber, wenn ein Maruyama, eine Deguchi , Polling oder Gahie und ein Baschajew fehlen …

Foto oben: Sie hat gut lachen. Kanadas Jessica KLIMKAIT löste mit WM-Gold das Olympia-Ticket, die Nummer 1 der Welt (Deguchi) bleibt daheim ... - @IJF Media