Präsident und Pressereferent

Vor mittlerweile mehr als 125 Tagen wurde er zum neuen Präsidenten des Judo-Landesverbandes Wien gewählt, jetzt zieht Erwin Schön eine erste Bilanz. Seine bei der Wahl am 7. Dezember präsentierten, durchaus vielfältigen Vorhaben wurden zu einem guten Teil schon in Angriff genommen – das große Ziel des 63-jährigen pensionierten Polizeibeamten: “Wien soll wieder die Nummer 1 in Österreich werden.” Wir stellen den neuen Verbandschef in unserer Serie “Menschen im Judo” heute näher vor und loten aus, was Schön in seinen ersten gut vier Monaten als Präsident schon umsetzen konnte.

Nachdem der 2022 gewählte Horst Felzl als Nachfolger von Ernst Raser zum neuen Präsidenten gewählt worden war, sein Amt aber schon nach einem Jahr aus privaten und beruflichen Gründen niedergelegt hatte, auch Interimspräsident Thomas Haasmann nie so richtig dieses Amt wollte, stellte sich Schön im Dezember 2023 der Wahl. “Es gibt freilich Leute, die meinen, ich sei eine Notlösung. Aber ich will wirklich etwas für den Judosport in Wien bewegen”, sagt der 7. Dan, der seit 2014 auch offiziell Obmann jenes Klubs ist, bei dem er im zarten Alter von zehn Jahren mit Judo begonnen hatte. Damals hieß der Verein in der Brigittenauer Forsthausgasse noch DSG St. Johann-Kapistran, heute DSG Yawara-michi (was so viel heißt wie Judo). Der Klub expandiert, hat schon vier Stützpunkte in ganz Wien. Schön war nicht unbedingt der Wettkampf-Typ, deshalb wandte er sich früh dem Trainerwesen zu, wurde Lehrwart (heute Instruktor) und Diplom-Trainer. So kam er auch in den ÖJV, in dem er 23 Jahre lang Prüfungsreferent war. Im Wiener Verband wurde er Sportdirektor, ehe man ihn nun zum Präsidenten wählte. Als dieser wird er auch die Position Felzls im ÖJV-Vorstand übernehmen. “Es ist wichtig, dass Wien österreichweit eine starke Stimme hat”, sagt er.

Und, lieber Erwin, wie viele deiner Vorhaben, die du bei der Jahreshauptversammlung im Dezember präsentiert hast, sind schon an der Umsetzung? Wir haben den Mann, der keine “Schön-Färberei” betreiben will, dazu befragt.

Solide Arbeit für das Judo in Wien: Die Stärkung des Landesverbandes im österreichischen Judosport muss verbessert und dem Größenverhältnis zu den anderen Landesverbänden angepasst werden. – Schön: “Wir haben inzwischen ein neues System bei den Veranstaltungen eingeführt und mit Wolfgang Lorenz einen neuen Organisationsreferenten gefunden. Wir sind an der Arbeit.”

Erhöhung der finanziellen Mittel: Soll einerseits durch die Erhöhung bestimmter Beiträge und Gebühren erfolgen, andererseits durch mögliche Einsparungen im Verband selbst. – Schön: “Durch die neu eingeführten Fix-Gebühren wollen wir die Teilnehmerzahlen an Turnieren und Meisterschaften erhöhen. Wir sind dann auch im Spendenregister und erhoffen uns, da man dann solche Spenden beim Finanzamt geltend machen kann, auch mehr Spendeneinnahmen als bisher.”

Erhöhung der Mitgliederzahlen: Durch verschiedene Projekte soll die Mitgliederzahl erhöht werden. – Schön: “Corona hat uns stark zugesetzt. Wir haben immer noch um etwa 1.000 Mitglieder weniger als vor der Pandemie. Wir wollen verstärkt in der Öffentlichkeit auf unsere schöne Sportart aufmerksam machen und so neue Mitglieder gewinnen.”

Stärkere Förderung des Breiten- und Spitzensports: Judo lebt von den Spitzenleistungen seiner Mitglieder. Doch ohne Nachwuchs gibt es in naher und fernen Zukunft keinen Leistungssport, deshalb soll der Nachwuchs unterstützt werden. – Schön: “Ich habe unseren Schülerreferenten Gabor Geier beauftragt, etwas für Schüler-Judo, z.B. eine Schülerliga, auf die Beine zu stellen. Toni Summer in der Südstadt arbeitet intensiv mit den Leistungssportlern, der Fokus liegt im Bereich der Landestrainer, also für Judoka von 10 bis 18 Jahren. Danach sollten Talente auch schon vom ÖJV in diversen Nationalteamkadern aufgefangen werden.”

Verstärkte Öffentlichkeitsarbeit: Nicht nur auf der Homepage, sondern auch in Printmedien und Fernsehen, aber auch auf sozialen Medien soll Judo wieder mehr vorkommen. – Schön: “Wir müssen vor allem auf Tik-Tok die Jugend ansprechen, auch wollen wir zum Welttag des Judo am 28. Oktober eine spezielle Werbeaktion für Judo starten. Außerdem schwebt mir vor, ein Medienteam zu bilden, auch für Videos und andere Möglichkeiten der medialen Vielfalt.”

Entwicklung von Projekten: Durch Initiativen den Breitensport fördern – es gibt schon Denkmodelle. – Schön: “Mir raucht ja schon der Kopf, es gibt da einige Ideen. Zum Beispiel, wie wir bei Turnieren und Meisterschaften den bargeldlosen Zahlungsverkehr vor Ort einführen können. Oder ein Trainingslager im Sommer in Wien. Der große Wunsch ist aber auch, ein Dojo für Judo zu bekommen, zu dem wir IMMER Zugang haben und das wir rund um die Uhr nützen können. Es kann nicht sein, dass es zum Beispiel für Hockey so etwas gibt, aber die erfolgreichste Sommersportart der letzten Jahrzehnte hat das nicht.”

Verbands-Verein-Kommunikation: Einmal im Jahr soll, neben der Jahreshauptversammlung, ein Treffen der Vereinsverantwortlichen mit dem Verband obligat sein. – Schön: “Das ist eine zähe Angelegenheit. Leider sind zur Jahreshauptversammlung im März nur wenige Vereinsvertreter erschienen – wir müssen bei diesen Versammlungen interessante Themen bieten, damit mehr Funktionäre kommen. Und wir müssen trachten, mehr (junge) Funktionäre zu lukrieren, denn die sind für die Arbeit in der Zukunft unabdingbar.”

Erwin Schön – Verein: DSG Yawara-michi (übrigens, das “ch” spricht man als “tsch” aus, also “mitschi”) – 7. Dan – seit Dezember 2023 Präsident des Judo-LV Wien – Vater von Zwillingen (die Söhne, 16, machen auch Judo), 10 Jahre Prüfungsreferent in Wien, 23 Jahre Prüfungsreferent im ÖJV, seit 2014 Obmann im Verein, vor der Ernennung zum Präsidenten Sportdirektor im LV Wien. – Beruf: Polizeibeamter im Ruhestand.

Unser Titelfoto zeigt Erwin Schön (links) mit Josef "Joe" Langer (rechts) nach dem Gespräch für diesen Artikel. Foto: @JLV/Privat