Claudia und Lupo – das „Silberne Duo“

Die ersten Jahre nach der Jahrtausendwende sollten für Österreich das „Silberne Jahrzehnt“ werden. Denn sowohl 2004 in Athen die unvergessene Claudia Heill als auch 2008 in Peking Ludwig „Lupo“ Paischer kamen bei ihren Olympia-Highlights ins Finale, in dem sie sich aber geschlagen geben mussten. Nach zweimal Gold und einmal Bronze in den 80er-Jahren avancierten Claudia und Lupo zum „Silbernen Duo“ der 2000er-Jahre.

Nachdem Österreich bei den Spielen 2000 in Sydney leer ausgegangen war und sich so manche Medien zum Beispiel über Christoph Stangl („20.000 Kilometer für 19 Sekunden“) lustig gemacht hatten, war vier Jahre später in Athen Claudia Heill eine Medaillenhoffnung. Und die Wienerin, betreut von Hubert „Hupo“ Rohrauer, erfüllte die Erwartungen voll. Sie arbeitete sich als erste österreichische Frau in ein olympisches Judo-Finale (bis 63 kg) vor, im Semifinale gegen die Slowenin Urska Zolnir aber auch mit vel Glück. Heill lag mit Yuko zurück, ihre Gegnerin bekam aber nach dem Schlussgong (!) noch eine Keikoku-Strafe, die einem Waza-ari für Claudia entsprach. Im Endkampf hatte Heill aber keine Chance und verlor gegen Ayumi Tanimoto (JPN) mit Ippon. Übrigens exakt am 17. August 2004, einen Tag nach dem ersten und bisher einzigen deutschen Judo-Olympiasieg einer Frau – ihr Name: Yvonne Bönisch, heute ÖJV-Headcoach …

Heill hätte fast auch noch 2008 eine zweite Medaille geholt, sie verlor aber ihren Bronzekampf und wurde nur Fünfte. Peking sollten die Spiele von „Lupo“ Paischer werden, der schon in Athen (als regierender Europameister) Olympia-Luft schnupperte, aber ausschied. 2008 wurde Paischer wieder Europameister und galt als eine der größten heimischen Olympia-Hoffnungen. Gleich am ersten Wettkampftag, am Tag nach der Eröffnungsfeier, stieg der Salzburger auf die olympische Matte – und machte es Claudia Heill nach. Ein Sieg nach dem anderen, und dann stand Paischer im Finale! Auf den Tag genau 24 Jahre nach dem ersten Olympiasieg von Peter Seisenbacher, am 9. August 2008, kämpfte Paischer also um Gold bis 60 Kilo – doch auch „Lupo“ verlor im Fnale mit Ippon. Nach dem Kampf gegen Min-ho Choi hob Paischer die Arme des Südkoreaners in die Höhe – dafür lieben sie „Lupo“ in Korea noch heute …

Wenn man über Olympia in dieser Zeit spricht, muss man auch noch zwei weitere Namen erwähnen: zum einen Udo Quellmalz, den Leipziger, der 1995 in Tokio Weltmeister und 1996 in Atlanta Olympiasieger (bis 65 Kilo) wurde und das ÖJV-Team 2008 und 2012 coachte, sich jetzt bei Olympia als Supervisor für die IJF bei strittigen Entscheidungen gemeinsam mit dem Kampfgericht einbringt. Und zum anderen (natürlich) Sabrina Filzmoser, die „Grande Dame“ des österreichischen Judo. „Sabsi“ hätte schon 2000 in Sydney, als 20-Jährige, dabei sein können, verlor aber bei der WM 1999 in Birmingham den entscheidenden Kampf um einen Quotenplatz mit vier Yuko gegen ein Waza-ari, vor Athen 2004 war die Welserin verletzt, erst 2008 klappte es – als regierende Europameisterin und Nummer 1 der Weltrangliste war Filzmosder eine heiße Kandidatin auf Gold oder zumindest eine Medaille. Und schied gleich zu Beginn mit einer bitteren Niederlage aus. Die Bilder mit ihren Tränen waren ein Fressen für die Medien. 20212 in London wurde Filzmoser bis 57 Kilo Siebente, ihr bisher einziges zählbares Ergebnis bei drei Olympischen Spielen.

Da 2016 in Rio auch Bernadette Graf als Fünfte bis 70 Kilo und Kathrin Unterwurzacher als Siebente bis 63 Kilo am Podest vorbeischrammten, blieb Paischers Silber die bislang letzte Olympia-Medaille für Österreich. Dennoch ist Österreich – dank eines „Goldenen Jahrzehnts“ und dem „Silbernen Duo“ – in der ewigen Judo-Medaillenbilanz bei Olympia mt 2/2/1 an beachtlicher 17. Stelle zu finden. Japan führt die Liste (39/19/26 – gesamt 84 Medaillen) klar an vor Frankreich (14/10/25 – 49) und Südkorea (11/16/16 – 43).

Ewige Olympia Judo Medaillenbilanz

RangNationAbk.GoldSilberBronzeGesamt
1JapanJPN39192684
2FrankreichFRA14102549
3SüdkoreaKOR11161643
4ChinaCHN831122
5KubaCUB6141636
6SowjetunionURS551323
7RusslandRUS54716
8ItalienITA44715
9BrasilienBRA431522
10NiederalndeNED421723
17ÖsterreichAUT2215
Foto oben: Ludwig PAISCHER - hier mit Sabrina FILZMOSER und ÖJV-Coach Udo QUELLMALZ bei der EM 2008 - war Österreichs letzter Medaillengewinner bei Olympischen Spielen - Silber bis 60 Kilo 2008 in Peking. - @privat

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