Gold-Garant Riner

Es ist unglaublich! Am Tag, nachdem er im Einzel das einzige Gold für Frankreich geholt hatte, wurde Super-Star Teddy Riner am Samstag mit seinem Team auch Olympiasieger im Mixed-Bewerb! Die fünfte Olympia-Goldene für den 35-Jährigen, der im Finale gegen Japan sogar zweimal ran musste. Nach sechs Kämpfen stand es 3:3, dann wurde ein Entscheidungskampf gelost, und es traf Teddy. Für Österreich gab es gegen Deutschland nichts zu holen – 1:4.

In einem dramatischen Mixed-Finale schien Japan schon drauf und dran, sich für die Final-Pleite von 2021 in Tokio erfolgreich zu revanchieren. 2:0 und 3:1 voran, aber dann gelang den Franzosen in der tobenden Champ-de-Mars-Arena der Ausgleich. Und das Los ergab, dass Riner noch einmal kämpfen muss. Der „Judo-Gott“ hatte schon im dritten Kampf mit einem Sieg über Tatsuro Saito für Frankreichs Anschlusspunkt gesorgt, musste mit dem Japaner fast fünf Minuten im Golden Score gehen. Und auch der Entscheidungskampf ging in die Extra-Time, ehe Riner den entscheidenden Ippon machte. Dass es überhaupt zu diesem zweiten Duell Riner gegen Saito kam, ist zwei Tricolores-Judoka zu verdanken: dem Olympia-Zweiten bis 73 Kilo, Joan Benjamin Gaba, der den Olympiasieger bis 66 Kilo, Hifumi Abe, ebenfalls in der Verlängerung Ippon warf. Und Clarisse Agbegnenou, die eine Klasse höher als gewohnt (bis 70 Kilo) Miku Takaichi bezwang. Die übrigens in der ersten Runde Japan gegen Spanien erlöste: Auch da stand es 3:3, und Takaichi gewann den den ausgelosten Extra-Kampf.

Für Österreichs Team war von Beginn an klar, dass man gegen die deutschen Nachbarn bestenfalls nur Außenseiterchancen haben würde. Zum einen, weil Deutschland vor drei Jahren in Tokio Mixed-Bronze geholt hatte, zum anderen aber auch, weil außer Samuel Gaßner (bis 73 kg) kein rot-weiß-roter Judoka in seiner bzw. ihrer Gewichtsklasse kämpfen konnte. Katharina Tanzer (normal bis 48 Kilo) verlor sogar zwei Klassen höher (bis 57 Kilo), die Olympia-Fünfte Lubjana Piovesana bis 70 statt 63 Kilo, und auch unsere „bronzene Michi“ musste statt bis 70 Kilo in die Kategorie über 70 Kilo. Michaela Polleres meinte nachher: „Sie ist um einiges schwerer als ich, außerdem war ich müde.“ Bei den Männern das gleiche Bild: Wachid Borchashvili, normal bis 81 Kilo, unterlag Eduard Trippel, dem Olympia-Zweiten von Tokio bis 90 Kilo. Durch den vierten Punkt der Deutschen, die damit uneinholbar 4:1 voran lagen, war ein Antreten von Aaron Fara über 90 Kilo obsolet – schade eigentlich, denn der Wimpassinger wollte nach seinem frühen Aus im Einzel gegen Japans Olympiasieger Aaron Wolf (bis 100 kg) zeigen, was er drauf hat …

Gaßner war mit seinem Auftritt „durchaus zufrieden. Bei Olympia dabei zu sein, war ein tolles Erlebnis. Die Franzosen haben gleichzeitig mit uns auf der anderen Matte gekämpft. Das war eine unglaubliche Stimmung“, freute sich der 23-Jährige Olympia-Debütant. Österreichs Judo darf mit den Spielen 2024 zufrieden sein. Eine Bronze-Medaille, einmal Rang 5 bei sechs Judoka, fünf von ihnen waren erstmals bei den Spielen. „Unser Ziel, eine Medaille, haben wir erreicht. Wir können mit einem jungen und ambitionierten Kader in die Zukunft schauen“ sagt ÖJV-Headcoach Yvonne Snir-Bönisch. „Ab sofort beginnt die Vorbereitung auf Los Angeles 2028.“ Übrigens: Das ÖJV-Team kehrt Montag Mittag in die Heimat zurück.

Mixed-Bewerb: DEUTSCHLAND – ÖSTERREICH 4:1 – F/57 kg: Starke schlägt Tanzer (Ippon). – M/73 kg: Wandtke unterliegt Gaßner (2 Waza-ari). – F/bis 70 kg: Butkereit schlägt Piovesana (Ippon). – M/bis 90 kg: Trippel schlägt Wachid Borchashvili (Hansokumake/3. Shido). – F/über 70 kg: Lucht schlägt Polleres (Ippon). – M/über 90 kg: Abramov gegen Fara nicht mehr notwendig. – Semifinale: Japan – Deutschland 4:0, Frankreich – Italien 4:1. – Bronze-Kämpfe: Brasilien – Italien 4:3, Korea – Deutschland 4:3 (beide also mit Entscheidungskampf). – Finale: Japan – Frankreich Endstand 3:4. – Bis 90 kg M: Murao schlägt Ngayap Hambou Ippon, Über 70 kg F: Takayama schlägt Dicko Waza-ari. – Über 90 kg M: Saito unterliegt Riner im Golden Score Ippon. – Bis 57 kg F: Tsunoda schlägt Cysique Ippon. – Bis 73 kg M: Abe unterliegt Gaba im Golden Score Ippon. – Bis 70 kg F: Takaichi unterlieg Agbegnenou im Golden Score Waza-ari. – Entscheidungskampf: Saito unterliegt Riner im Golden Score mit Ippon.

Was uns bei den Spielen von Paris noch aufgefallen ist:

  • dass Michaela Polleres die erste österreichische Frau nach Ellen Müller-Pries ist, die bei zwei Olympischen Spielen eine Medaille (Silber 2021, Bronze 2024) geholt hat. Die Fechterin hatte Gold 1932 sowie Bronze 1936 und 1948 gewonnen und war 1949 die erste „Sportlerin des Jahres“.
  • dass ÖJV-Headcoach Yvonne Snir-Bönisch doch etwas überraschend weiterhin die einzige Judo-Olympiasiegerin Deutschlands (2004 in Athen bis 57 Kilo) bleibt, weil Miriam Butkereit (Silber bis 70 Kilo) und die Favoritin Anna-Maria Wagner (bis 78 Kilo) Gold knapp verfehlten.
  • dass Bronze für Michaela Polleres schon die 55. Medaille für Österreich in der knapp vierjährigen Bönisch-Ara ist. Und Verbandspräsident Dr. Martin Poiger freut sich, „dass Michi angekündigt hat, bis 2028 weiter zu machen. Sie ist eine Konstante in unserem Team.“
  • dass in den 14 Gewichtsklassen fünf Weltranglisten-Erste Gold holten, nämlich Dyiora Keldyirova (UZB) bis 52 Kilo, Alice Bellandi (ITA) bis 78 bzw. Hidayat Heydarov (AZE) bis 73 Kilo, Lasha Bekauri (GEO) bis 90 Kilo und Zelym Kotsoiev (AZE) bis 100 Kilo. Der schlechtest platzierte Olympiasieger ist Yeldos Smetov (KAZ / bis 60) als nur 20. im IJFRanking.
  • dass nur zwei Olympiasieger von Tokio 2021 Gold auch in Paris holten, beide aus Japan: Bis 66 Kilo Hifumi Abe und bis 81 Kilo Takanori Nagase.
  • dass Japan mit drei Goldenen 2024 im Bilanz-Mittelfeld liegt – die besten Spiele der Asiaten waren vor drei Jahren in Tokio (9 x Gold) und 2004 in Athen (8 x Gold). Die schlechtesten 2012 in London – nur eine Goldene durch Kaori Matsumoto (bis 57 Kilo). Für die Sohne Nippons gab´s damals nur jeweils zweimal Silber und Bronze.
  • dass das Ausscheiden von Uta Abe in ihrem Auftaktkampf bis 52 Kilo gegen Dyiora Keldiyora (UZB) die wohl größte Sensation der Spiele von Paris war, obwohl ihre Bezwingerin die Nummer 1 der Welt ist. Auch das frühe Aus der regierenden Weltmeisterin Joanne Van Lieshout (NED / bis 63 Kilo) gehört dazu.
  • dass Teddy Riners Triumph – übrigens mit technischer Vielfalt (Ippon Tani-otoshi, Ippon O-soto-gari und im Finale Ippon Harai-goshi) erkämpft – zugleich die zehnte Goldmedaille für Frankreichs Männer bei Olympischen Spielen war. Zudem hat der „Judo-Gott“ als erster Athlet der Welt bei Olympia sieben Medaillen (fünf im Einzel, zwei im Mixed) und überflügelte seinen Landsmann Angelo Parisi (4 Medaillen, aber „nur“ eine in Gold).
  • dass (nochmals) Teddy Riner, der zwischen 2010 und 2020 zehn Jahre lang in 154 Kämpfen unbesiegt war und der Japaner Kokori Kageura diese Serie ausgerechnet beim Pariser Grand Slam stoppte, schon am zweiten Teil der Serie „bastelt“. Seit seiner olympischen Viertelfinal-Niederlage am 30. Juli 2021 in Tokio gegen den Russen Tamerlan Baschajew ist der 35-Jährige schon wieder 49 Kämpfe ungeschlagen – Fortsetzung folgt?
  • dass Frankreichs Frauen erstmals seit 2008 keine Goldene holten. Bei den letzten drei Spielen gab es je einmal Frauen-Gold für die „Grande Nation“ – 2021 durch Clarisse Agbegnenou, 2016 in Rio durch Emilie Andeol und 2012 in London durch Lucie Decosse.
  • dass Slowenien durch den Sieg von Andreja Leski das dritte Judo-Gold der Geschichte eroberte – kurios, denn alle gelangen in der Frauen-Klasse bis 63 Kilo! 2012 in London war es Urska Zolnir, 2016 in Rio Tina Trstenjak.
Foto: Österreichs Mixed-Team bei seiner Olympia-Premiere, rechts der einzige Sieger Samuel GASSNER - @IJF Media / Tamara Kulumbegashvili

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