Samstag bei Radio Wien: Magda Krssakova und Stephan Hegyi als Studiogäste bei Udo Huber

Andere Länder, andere Sitten – das trifft bei Japan im Besonderen zu. Deshalb beleuchten wir heute, im Teil 4 unserer Serie “Sayonara”, den Mythos Japan. Wie tickt der viertgrößte Inselstaat der Welt, was können oder dürfen Besucher der Judo-WM ab nächstem Sonntag von dieser Stadt und dem Land erwarten?

DER MYTHOS JAPAN. – Allein schon vom Aussehen her unterscheiden sich Japaner wesentlich von den Europäern. Sie essen auch nicht mit Messer und Gabel, sondern mit Stäbchen. Sie sind generell sehr freundlich, verbeugen sich vor jedem und allem, was hierzulande auch nicht gerade Usus ist. Sie leben mit häufigen, manchmal schweren Erdbeben, gottlob auch ein Unterschied zu uns. Japan, das Mutterland des Judo – obwohl Judo in der Beliebtheitsstatistik der Söhne und Töchter Nippons nur an neunter Stelle aller Sportarten liegt. Sumo ist die absolute Nummer 1, gefolgt von Baseball und Fußball.

Dennoch: An vielen Schulen und Universitäten wird Judo gelehrt. Kinder lernen “unseren” Sport von kleinauf, die große Masse bringt auch die dichte Spitze. Fast in jeder Gewichtsklasse sind japanische Judoka für Medaillen und sogar für Gold gut (das beleuchten wir morgen). Der Respekt vor dem Gegner, die Verantwortung gegenüber Trainingspartnern, die Ethik auf der Matte – all das sind typisch asiatische und spezielle japanische Werte. Unsportlichkeit ist verpönt. Aber starke Judoka aus Europa sind in Japan stets willkommen. “Ich war jetzt schon rund 15-mal in Japan auf Trainingslager. Es ist immer wieder schön”, sagte etwa Magdalena Krssakova, die schon morgen nach Tokio fliegt, gestern im “Sportmagazin” auf Radio Wien. Und Hegyi, der mit Krssakova bei Ö3-Legende Udo Huber zu Gast war und auch schon einige Male in diesem faszinierenden Land war, weiß: “Man muss sich schon umstellen. In jeder Hinsicht. Aber zum Judo trainieren ist Japan natürlich ideal, weil man einfach viele gute Partner hat und es viel mehr bringt als jedes Training in Europa.”

Wenn man – zum Beispiel bei der Judo-WM – eine Woche in Japan ist, dann muss man sich auch auf etwas gefasst machen, was in unseren Breiten zum Glück höchst selten vorkommt: Erdbeben. Japanischen Kids wird schon im Kindergarten und in der Schule gelehrt, wie sie sich im Ernstfall zu verhalten haben. Wenn es wirklich ein größeres Beben gibt, laufen die Leute in die Mitte der Straße. Dort sind sie vor eventuell einstürzenden Gebäudeteilen im Normalfall sicher. Ludwig Paischer, unser Olympia-Zweiter von Peking 2008 und zweifacher WM-Medaillengewinner, lebt und arbeitet jetzt in Tokio. Er war auch zum Training in Japans Metropole, als 2011 das große Beben an der Ostküste stattfand und das Kernkraftwerk von Fukushima beschädigt wurde. “Ich war damals grad im Hotel, es hat fürhterlich gewackelt, alle sind panisch auf die Straßen geflüchtet”, berichtete damals der Salzburger.

Japan hat aber auch eine ganz andere Kultur. Die Tempel, die Paläste (übrigens ist der Kaiserpalast nur wenige hundert Meter vom Budokan entfernt), die Liebe der Japaner uur Natur und – zum Beispiel – zur Blumensteckkunst Ikebana, und, und, und. Tokio selbst ist das hektische Herz. Die Stadt, die mit Vororten 28 Millionen Einwohner zählt (mehr als dreimal soviel wie ganz Österreich) pulverisiert. Hier tolle Gärten mit Tempeln und Palästen, dort kein Weiterkommen auf den verstopften Straßen, hier die freundlichen Menschen, dort das rege Treiben des Alltags, Menschenmassen. Tokio hat einige der meistfrequentierten Bahnhöfe der Welt – mit bis zu vier Millionen (!) Passagieren tagtäglich. Oft denke ich mir, warum sich die Japaner vor uns verbeugen – vielmehr müssten es wir vor ihnen tun.

Sayonara – euer Joe

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