Der Teddy, den alle purzeln sehen wollen

Da kämpfen etliche Weltklasse-Judoka (zu denen wir im letzten Teil der Serie „Unser Team für Tokio“ auch den Wiener Stephan Hegyi vom SC Hakoah zählen wollen) um die Medaillen, doch alles spricht nur über einen Mann – über den Franzosen Teddy Riner, den zweimaligen Olympiasieger und 10-fachen Weltmeister, der im Schwergewicht der absolute Star ist. Aber sich zuletzt rar machte, nur heuer beim Masters antrat und gewann. Beendet der 2,05-Meter-Riese seine große Karriere mit dem dritten Olympiasieg? Oder stellt ihm einer das Haxl auf dem Weg zu Gold? Hegyi glaubt: „Riner ist schlagbarer geworden.“ Alle wollen Teddy in Tokio purzeln sehen!

Unser Team für Tokio – heute: Stephan HEGYI

Drei Olympiasiege im Judo, das hat bisher nur einer geschafft: der mittlerweile 46-jährige Japaner Tadahiro Nomura, der bis 60 Kilo von 1996 bis 2004 dreimal Gold holte. Teddy Riner, Frankreichs Superstar über 100 Kilo, will in Tokio mit dem dritten Olympia-Gold nach 2012 und 2016 zu Nomura aufschließen und damit seine unvergleichliche Karriere krönen. Aber: Es ist schon vier Jahre her, dass Teddy 2017 in Budapest seinen zehnten und bislang letzten WM-Titel holte. Seither machte sich der Franzose rar. 2018 fehlte er wegen einer Verletzung bei der WM, 2019 fühlte er sich noch nicht in Form, und auch heuer verzichtete er auf EM und WM. Um seine vierte Olympia-Teilnahme (2008 in Peking war er Dritter) zu sichern, bequemte er sich im Jänner 2021 zum Masters in Doha und gewann das Turnier. Welch Überraschung! …

Natürlich schwärmen alle von Riner, auch Österreichs Schwergewichtler Hegyi, der schon zweimal auf ihn getroffen war. 2017 beim Grand Prix in Zagreb und 2020 beim Grand Slam in Paris verlor der Wiener – in Paris scheiterte Riner in der nächsten Runde am Japaner Kokoro Kageura, der Teddy nach zehn Jahren und 152 in Serie gewonnenen Kämpfen die erste Niederlage zufügte. Wankt der mittlerweile 32-Jährige, der 2007 in Rio als 18-Jähriger seinen ersten WM-Titel geholt hatte? Oder fällt er gar? Kurios: Japan nominierte im Schwergewicht nicht Kageura, sondern den Olympia-Zweiten von Rio, Hisayoshi Harasawa. Den hat Hegyi übrigens bei seiner ersten WM 2017 in Budapest geschlagen.

Und nicht nur deshalb hofft der Wiener, auch bei seinen ersten Olympischen Spielen für eine Überraschung zu sorgen. „Wenn du eine Medaille gewinnen willst, musst du den einen oder anderen Großen schlagen. Und ich will eine Medaille“, sagt Hegyi, der in Tokio fünf Tage nach seinem 23. Geburtstag auf die Matte steigt. Speziell für einen Schwergewichtler noch ein junges Alter – Stephan hat mindestens noch zwei weitere Spiele und erreicht erst da das ideale Alter. Dennoch will Hegyi schon in Tokio anschreiben und freut sich auf Japan, wo er jetzt – corona-bedingt – schon lange nicht war. „Ich will zur Eröffnungsfeier, ich freue mich aufs Olympische Dorf und den olympischen Flair – und auf mein zweites Antreten im Budokan nach der WM 2019.“ Zuletzt lief es zwar für den Wiener nicht ganz nach Wunsch, es gab mit Bronze beim Grand Slam in Antalya „nur“ einen Podestplatz, die EM in Lissabon musste Hegyi wegen einer Verletzung (Muskeleinriss im Oberschenkel) sicherheitshalber auslassen – aber jetzt ist er wieder voller Tatendrang und bereitet sich intensiv, auch mit Heimtrainer Axel Eggenfellner, auf Olympia vor. Vielleicht ist gerade Hegyi derjenige, den den „Riesen-Teddy“ in die Knie zwingen kann. Dann wären dem Wiener, unabhängig vom Endresultat, weltweite Schlagzeilen sicher …

Stephan Hegyi (S.C. Hakoah/W/über 100 Kilo/kämpft am 30. Juli), 22 Jahre (25.07.1998), Sportsoldat, Weltranglisten-Platzierung: 19 (3.155), 1. Olympia-Teilnahme, 3 WM-Teilnahmen (Budapest 2017, Tokio 2019, Budapest 2021), EM-Dritter Mixed-Team und Einzel European Games Minsk/BLR 2019, Europameisterschafts-Bronzemedaillengewinner Tel Aviv/ISR 2018; aktuelle Ergebnisse: 3. Grand-Slam Antalya/TUR 2021, 7. Grand-Slam Tiflis/GEO 2021, 5. EM Prag 2020.

Foto oben: Bereit für Tokio - der Wiener Stephan HEGYi . @joe
P.S.: Siehe auch unser Portrait aus dem Jahre 2015!

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