Als am Freitag die Judo-WM in Budapest mit einer Erstrunden-Niederlage von Daniel Leutgeb (LZ Multikraft Wels / bis 60 Kilo) gegen den Koreaner Harim Lee (mit Hansokumake/3 Shidos/nach 3:07 Minuten) begann, da war Sabrina Filzmoser längst schon wieder über alle Berge und in den Bergen Pakistans. Die 44-jährige Welserin, ihres Zeichens zweifache Judo-Europameisterin und zweimalige WM-Dritte, war nur zu einer Kurzvisite in Ungarn. Als bisherige Athletensprecherin hatte sie Sitz und Stimme in der IJF-Executive. Diese Funktion legt “Sabsi” nieder – und peilt stattdessen eine Expedition auf den “K2”, den zweithöchsten Berg der Erde, an.

Auf dem Gipfel des Mount Everests, mit 8.848 Metern der höchste Berg unseres Planeten, war sie schon. Ohne Sauerstoff, aber mit einer IJF-Flagge, die “Sabsi” am Gipfelkreuz hisste. Den 8.611 Meter hohen “K2”, dessen Anstieg weit anspruchsvoller ist als jener am Mount Everest, wollte sie schon vor zwei Jahren besiegen, doch die Expedition musste wegen Schlechtwetters abgebrochen werden. Filzmoser war damals hautnah dabei, als andere Bergsteiger einem von einer Lawine verschütteten Sherpa nicht halfen und den armen Mann sterben ließen. Die Judo-Europameisterin der Jahre 2008 und 2011 weiß über das Risiko, sie liebt aber die Berge und die Menschen in dieser Region. Nicht zuletzt deshalb unterstützt sie die Menschen mit ihrer Judo-Entwicklungshilfe. Sabrina ist eine echte Botschafterin, gibt in Pakistan Pressekonferenzen und scheint massiv in den Medien auf (siehe unten).

Die ungarische Journalistin Sandra Szögedi, die auch EJU-Medienchefin ist, schrieb über “Sabsi” und zitierte sie auch: Sabrinas Mission ist jedoch alles andere als eine Einzelunternehmung. Sie arbeitet zusammen mit Karakorum Expeditions, einem lokalen Unternehmen, das hilft, Basislager einzurichten und die Logistik zu verwalten. Noch berührender ist, dass sie mit Hilfe von Trägern (Sherpas) klettert, Bewohnern der Region, die oft mit wenig mehr als Sandalen und einfacher Kleidung, lebenswichtige Lasten über beschwerliches Terrain tragen. „Sie sind unglaublich“, reflektiert sie. „Sie lächeln, bieten dir Essen an, kochen sogar für dich. Viele waren nie in der Schule, aber sie kennen jeden Stein im Gletscher. Du gibst ihnen Socken für das Eis, und sie werden sie verkaufen. Nicht weil sie undankbar sind, sondern weil das das Leben dort ist. Das ist Überleben.”

Für zwei Tage war Filzmoser in Budapest, verabschiedete sich von den Exekutive-Mitgliedern der IJF. Über Wien und Istanbul war sie dann schon wieder im Flieger nach Islambad, um vor Ort weiter zu helfen und den Aufstieg auf den “K2” neu zu planen. In diesen Tagen werden die Athleten einen neuen Sprecher oder eine Sprecherin wählen, der/die dann Stimmrecht im Vorstand des Weltverbandes hat.

Zurück zur WM und zurück auf die Tatami. Leutgeb (Nummer 53 im IJF-Ranking) wehrte sich gegen den Koreaner tapfer, aber Lee (Nummer 20) spielte all seine Routine aus und siegte durch die nicht zu verhindernde Disqualifikation des Welsers nach drei Verwarnungen. „Daniel war bemüht und aktiv, hat aber gegen den starken Koreaner kein Rezept gefunden. Der Sieg von Lee geht in Ordnung, er hat auf taktisch sehr hohem Niveau gekämpft“, kommentierte ÖJV-Sportdirektor Markus Moser. Nachsatz: „Es hätte eine große Überraschung gebraucht, die blieb heute leider aus.“ Leutgebs Bezwinger gewann noch einen Kampf, verlor aber dann im Achtelfinale und schied auch aus.

Gold für Japan und Italien

Der Japaner Ryuju Nagayama, Olympia-Dritter und zweimal WM-Dritter, bezwang in seinem ersten großen Finale (mit immerhin schon 29 Jahren) den überraschend starken Franzosen Romain Valadier-Picard, 22, mit zwei Waza-ari und krönte sich erstmals zum Weltmeister. Bronze ging an Yolk Kazirbyek (MGL) und Ayub Bliev (IJF). Bei den Frauen bis 48 Kilo holte Italiens Vize-Weltmeisterin 2024, Assunta Scutto, mit einem Ippon-Sieg (Ko-soto-gari) in der letzten Minute (sie führte davor mit zwei Yuko) über Abiba Abuzhakynova (KAZ) ihren ersten WM-Titel. Bronze ging an die Japanerin Wakana Koga (mit einem im Finale erwarteten Sieg über Shirine Boukli / FRA) und Laura Martinez Abelenda (ESP).

Am Samstag, dem zweiten WM-Tag (ohne ÖJV-Athleten), wird es spannend. Denn die japanischen Geschwister Uta und Hifumi Abe könnten zum vierten Mal (nach 2018, 2022 und 2023) am selben Tag Weltmeister werden – und Japan nach zwei Tagen mit drei WM-Goldenen jubeln lassen. Beide Abe´s sind schon vierfache Welt-Champions, der 27-jährige Hifumi 2017, aber nicht 2019, wo seine um drei Jahre jüngere Schwester im Budokan zu Tokio Gold holte. Das Duo war 2021 übrigens auch das erste Geschwisterpaar, das am selben Tag Olympia-Gold holte. 2024 klappte dieses Vorhaben nicht. Hifumi feierte zwar seinen zweiten Olympiasieg, aber seine untröstliche Schwester schied mit einer Achtelfinal-Niederlage gegen die damalige Nummer 1 der Welt, Diyora Keldiyorova (UZB) mit Ippon aus und erlitt danach einen Nervenzusammenbruch. Das wollen wir für Budapest aber nicht hoffen!

Foto: Sabrina FILZMOSER mit bunter, pakistanischer Tracht und den Kindern, für die sie so gern da ist. - @privat