Die EM 2025 in Podgorica wird alles andere als erfolgreich in die Geschichte des österreichischen Judosports eingehen. Nur eine Platzierung – Rang 5 für Lubjana Piovesana bis 63 Kilo – bei 16 Startern, das ist eher “mau” als “wow”! Es wurde die schlechteste Europameisterschaft der letzten zehn Jahre (siehe Statistik unten), nur dreimal in dieser Dekade gab´s keine Medaille (2022, 2023, heuer). “Ich hätte mir natürlich mehrere Platzierungen gewünscht”, sagt ÖJV-Headcoach Yvonne Snir-Bönisch. “Abhaken und nach vorne schauen”, lautet jetzt ihre Devise.

Die rot-weiß-rote Bilanz in Montenegros Hauptstadt ist in der Tat eine sehr mäßige. Auffallend, dass acht der 16 EM-Starter, auch der Pariser Olympia-Teilnehmer Samuel Gaßner, Erstrunden-Niederlagen erlitten. Der Mühlviertler hat jenes Judo vermissen lassen, mit dem er im März die Fans beim Upper Austria Grand Prix in Linz als Fünfter bis 73 Kilo begeistert hatte. Auch der WM-Siebente des Vorjahres, der Wiener Bernd Fasching, war einer jener, die in ihrem Auftaktkampf die Segel streichen mussten. “Ich bin überzeugt davon, dass Bernd bei einem Sieg über den Italiener Antonio Esposito eine Medaille gemacht hätte”, nimmt Galaxy-Trainer Thomas Haasmann seinen 21-jährigen Judoka in Schutz.

Freilich: Von den sechs Olympiastartern 2024 waren nur zwei (Piovesana und Gaßner) in Montenegro. Michaela Polleres, die zweifache Olympia-Medaillengewinnerin bis 70 Kilo, hat seit Paris ebenso keinen Wettkampf bestritten wie der Welser Shamil Borchashvili (bis 81 Kilo/verzichtete auf Olympia), beide wollen aber bei der WM Mitte Juni in Budapest dabei sein. Aaron Fara (bis 100 Kilo) ist in das Catcher-Lager gewechselt, und Katharina Tanzer (bis 48 Kilo) langzeitverletzt. Das Fehlen dieser bewährten Athleten hat sich freilich auf die Qualität des Kaders ausgewirkt. Dazu kommt, dass in Podgorica mit Verena Hiden, der Wienerin Laura Kallinger, sowie Fasching und dessen Klubkollegen Magamed Borchashvilli gleich vier ÖJV-Judoka ihr EM-Debüt gaben.

Auch wenn der eigentliche Saison-Höhepunkt in sechs Wochen die WM in Budapest ist und man die EM durchaus als eine Art Vorbereitung sehen kann, muss man intern das Abschneiden in Montenegro hinterfragen. Etwa: Warum hat ausgerechnet die in den letzten Trainingswochen wegen ihres privaten Schicksalschlags fehlende Piovesana als einzige eine Platzierung geschafft? Wurde in der unmittelbaren EM-Vorbereitung vielleicht zu intensiv, zu hart trainiert? Haben sich die neuen ÖJV-Trainer schon genug eingelebt und den gleich guten Zugang zu den Athleten wie früher ein Klaus-Peter Stollberg und Bela Riesz, die beide in den wohlverdienten Ruhestand gegangen sind? Musste vielleicht der eine oder die andere zu viel Gewicht machen, um die Gewichtsklasse zu halten? Das darf und soll diskutiert werden – denn die nächste EM kommt schon in einem Jahr im judo-narrischen Georgien. Dort wird es wohl auch – wie in ÖJV-Aussendungen zu lesen war – kein “Honigschlecken” werden, und auch dort hängen die Trauben hoch …

Österreichs Top-7-Platzierungen bei Europameisterschaften seit 2016

2016: Kazan – SILBER Kathrin UNTERWURZACHER (T/bis 63 KIlo)
– 5. Christoph KRONBERGER (S/bis 100 Kilo),
– 7. Bernadette GRAF (T/bis 70 Kilo)
2017: Warschau – BRONZE Kathrin UNTERWURZACHER (T/bis 63 Kilo),
– 7. Lukas REITER (NÖ/bis 73 Kilo)
2018: Tel Aviv– BRONZE Michaela POLLERES (NÖ/bis 70 Kilo),
– BRONZE Stephan HEGYI (W/über 100 Kilo),
– 5. Sabrina FILZMOSER (OÖ/bis 57 Kilo),
– 7. Tina ZELTNER (NÖ/bis 63 Kilo),
– 7. Aaron FARA (NÖ/bis 100 Kilo)
2019: Minsk– BRONZE Stephan HEGYI (W/über 100 Kilo),
– 7. Michaela POLLERES (NÖ/bis 70 kg)
– dazu BRONZE im Mixed-Bewerb
2020: Prag– SILBER Magdalena KRSSAKOVA (W/bis 63 Kilo),
– 5. Stephan HEGYI (W/über 100 Kilo),
– 7. Lukas REITER (NÖ/bis 73 Kilo)
2021: Lissabon– BRONZE Bernadette GRAF (T/bis 78 Kilo),
– 7. Daniel ALLERSTORFER (OÖ/über 100 Kilo)
2022: Sofia– 7. Magdalena KRSSAKOVA (W/bis 63 Kilo),
– 7. Shamil BORCHASHVILI (OÖ/bis 81 Kilo),
– 7. Daniel ALLERSTORFER (OÖ/über 100 Kilo)
2023: Montpellier– 5. Wachid BORCHASHVILI (OÖ/bis 81 Kilo),
– 7. Aaron FARA (NÖ/bis 100 Kilo)
2024: Zagreb– BRONZE Shamil BORCHASHVILI (OÖ/bis 81 Kilo),
– 5. Lubjana PIOVESANA (V/bis 63 Kilo)
2025: Podgorica– 5. Lubjana PIOVESANA (V/bis 63 Kilo)
Foto: ÖJV-Cheftrainerin Yvonne SNIR-BÖNISCH wollte eine Medaille ... - @Judo Austria / Wolfgang Eichler

Rang 7 im Mixed: “Sam” schlägt Georgien-Star

Im abschließenden Mixed-Bewerb der EM in Podgorica holte Österreich am Sonntag mit Rang 7 noch eine Platzierung. Nach einem 4:1 über Gastgeber Montenegro (Punkte: Höllwart, Hiden, Gaßner, Tretnjak) gab es zwar im Viertelfinale gegen Georgien die erwartete Niederlage, aber nicht “zu null’. Denn “Sam”” Gaßner sorgte mit einem Ippon-Sieg über Lasha Shavdatuashvili, Olympiasieger, Welt- und seit Donnerstag auch Europameister bis 73 Kilo, für einen echten Coup. Gegen die Türkei gab’s dann ein 0:4, damit Siebenter. Wie auch Serien-Mixed-Sieger Frankreich – 1:4 gegen die “neutralen” IJF-Judoka, 2:4 gegen Belgien. Finale: Georgien – Italien 4:3. Bronze ging an Deutschland (4:3 gegen Belgien) und die IJF-Russen (4:0 gegen die Türkei).

Alle Ergebnisse des Mixed-Team-Bewerbes findet ihr hier.