Sie war die erste Frau in Österreich, die auf dem höchsten Level als IJF-A-Kampfrichterin auf der Matte stand. Jetzt bekam Mag. Renate Siokola, geborene Koch, den wohlverdienten Dank dafür. Die Jahreshauptversammlung bestätigte den Antrag, am Wochenende übergab Präsident Erwin Schön die Urkunde (@JLVW) – Renate ist unser neues Ehrenmitglied. Wir gratulieren herzlich und beleuchten das Judoleben der hochgraduierten Judoka in unserer Serie „Menschen im Judo“.
Mag. Renate Siokola ist nicht nur Österreichs erste IJF-A-KampfrichterIN, sondern auch Österreichs erste Frau, die den 6. Dan erhielt. Den trägt sie heute noch in Ehren, obwohl sie mit Judo nur noch kaum oder gar nicht in Berührung kommt. „Meine Tochter hat zwei Söhne, der ältere ist jetzt sechs. Vielleicht schauen wir nächstes Jahr mit ihm in einen Judoverein, aber zu Judo zwingen werden wir ihn sicher nicht“, lacht die mittlerweile 69-Jährige, die ihren wohlverdienten Ruhestand genießt, nachdem sie viele Jahre in einer Versicherung gearbeitet hat.
Sie begann im Alter von 12 Jahren mit Judo. Beim Polizeisportverein, weil ihr Vater Polizist war. In einer eigenen Damengruppe, die von Gerda Ludmilla Dadisch, ihrer ersten Trainerin, geleitet wurde. Inspiriert wurde Renate damals von der TV-Serie „Mit Schirm, Charme und Melone“, in der die Agentin Emma Peel tätliche Angriffe von zumeist körperlich überlegenen Männern gekonnt abwehrte. „Das hat mich so fasziniert, dass ich das auch lernen wollte.“ Und schon war sie beim PSV, dem sie auch heute noch treu ist. Und der ihre ganze Judo-Karriere prägte. Nicht sosehr als Sportlerin, denn Renate Koch war „nur“ Wiener Meisterin 1972 (bis 72 Kilo), einmal Zweite bei der Staatsmeisterschaft und mit der Wiener Mannschaft Staatsmeisterin, „und bei der ersten EM 1975 in München war ich auch dabei. Ich bin aber mehr durch die Luft geflogen als dass ich gekämpft hätte“, lacht Renate.
Aber: in ihrem Klub war der legendäre Fritz Svihalek, der Bundeskampfrichterobmann und international anerkannte Referee. Und so war Renates weiterer Weg schnell vorgezeichnet. 1976 Landeskampfrichterin, zwei Jahre später Bundeskampfrichterin, „und es ging recht schnell, dass ich dann auch die IJF-B-Lizenz bekam“, erinnert sich Renate, die mittlerweile verheiratete Siokola hieß und eine Tochter hatte. „1990 bekam ich dann die IJF-A-Lizenz – ja, als erste Frau in Österreich!“ Historisch! Sie war Stellvertreterin vom leider 2020 verstorbenen Salzburger Hermann Knapp. „Ich hab damals die ganzen Kampfrichter eingeteilt, musste auch selbst schiedsen – das war zuweilen ganz schön stressig.“ Sieben, acht Jahre machte sie den Job als IJF-A-Kampfrichterin, war bei der Junioren-WM in Kairo („dort auch Finalkämpfe leiten zu dürfen, war eine besondere Auszeichnung für mich“), bei acht Europameisterschaften, und sie leitete einmal in Paris, zusammen mit zwei anderen ÖJV-Kollegen, das Europacup-Finale der Männer-Mannschaften. Und oft war Renate die einzige Frau in der Männerwelt der Kampfrichter. „Heute ist das alles anders, wir hatten damals noch keine Quote“, sagt sie, „und als Frau musste man noch besser sein als die anderen.“
In ihrer Zeit nach dem Judo fand die Frau Magistra ein neues Hobby: Singen! „Ja, ich singe im Chor, bei Hauskonzerten, das macht mir richtig Spaß.“ Vor allem alte Schlager, aber auch Musicals und Operetten sind in ihrem Reportoire. Dass Renate Siokola nun Ehrenmitglied des Judo-Landesverbandes Wien wurde und am Sonntag beim Ellinger-Felsinger-Turnier die Urkunde in Empfang nehmen durfte, hat sie ebenso „total überrascht wie sehr gefreut“. Vielleicht sehen wir Renate ja mal wieder beim Judo. Mit ihrem Enkerl, oder als Emma Peel, oder aber auch als talentierte Sängerin. Liebe Renate, wir gratulieren – und du bist bei uns immer gern gesehen!