Am Sonntag endete in Paris die Siegesserie jenes Mannes, der der weltbeste Judoka aller Zeiten ist – Frankreichs Superstar Teddy Riner (im Sellner-Foto) musste sich beim Grand Slam in seinem “Wohnzimmer” über 100 Kilo dem Japaner Kokoro Kageura mit Ippon im Golden Score geschlagen geben. Jetzt zittert der zweimalige Olympiasieger und 10-fache Weltmeister um seine Olympia-Teilnahme, die alles andere als sicher ist. Wackelt das Denkmal des Judo-Gotts?

Am 13. September 2007 holte ein gewisser Teddy Riner als 18-Jähriger in Rio de Janeiro sein erstes WM-Gold. In seinem ersten Kampf schlug er damals jenen Mann, der jetzt Trainer seines ersten Bezwingers nach neuneinhalb Jahren und 154 Turnierkämpfen ist – Kosei Inoue, Weltmeister 2001 in München, coacht Kageura, der Riner in der dritten Runde im Sportpalast Bercy mit einem Konter erwischte und den Publikums-Liebling im Golden Score auf den Rücken warf. Ein Jahr nach Rio holte der Franzose seine erste Olympia-Medaille. Bronze in Peking, nachdem er im Semifinale dem Usbeken Abdullo Tangriev unterlegen war.

Am 13. September 2010, also auf den Tag genau drei Jahre nach seinem ersten von mittlerweile zehn WM-Titeln, musste Teddy seine bis Sonntag letzte Niederlage hinnehmen. Bei der WM im Yoyogi-Palast von Tokio verlor er, nachdem er über 100 Kilo Weltmeister geworden war, im Finale der Offenen Klasse gegen den Japaner Daiki Kaminkawa und holte “nur” Silber. Seither gewann Riner alle seine Kämpfe, darunter zweimal bei Olympia (2012 in London und 2016 in Rio), blieb insgesamt 154-mal ungeschlagen, ehe ihn am 9. Februar 2020 Kageura stoppte.

War´s nur ein einmaliger Ausrutscher oder wackelt das Judo-Denkmal Teddy Riner? Seit seiner Verletzung, die ihn von Ende 2017 bis in den Sommer 2019 für 17 Monate außer Gefecht setzte, ist er nicht mehr jener Teddy, den wir kennen. Zwar gewann er bei seinem Comeback den Grand Prix in Montreal, unter anderem auch mit einem Sieg über Kageura, holte auch den Grand Slam 2019 in Rio, ließ aber die WM in Tokio aus und nährte damit das Rätselraten um seinen Fitness-Zustand. Jetzt kehrte er vor seinem Heimpublikum in Bercy auf die internationalen Matten zurück. Und ließ von Beginn an seine Dominanz vermissen. Den Ungarn Rchard Sipocz bezwang er im Golden Score mit drei Shidos und hatte sich selbst zwei eingefangen, den Wiener Stephan Hegyi schlug er auch erst im Golden Score mit der einzigen wirklichen Technik des Tages, aber gegen Kageura war auch in der Verlängerung Endstation. Zum Entsetzen der 15.000 Zuachauer in der Accor Hotel Arena …

So holte Riner nur 160 statt der erhofften 1.000 Ranking-Punkte, die sich der Holländer Henk Grol mit dem Klassensieg über 100 Kilo schnappte. Mit 1.000 Punkten hätte der Franzose auch Hegyi überholt, so bleibt er hinter dem Österreicher. Riner ist in der bereinigten Olympia-Liste für Tokio momentan zwar qualifiziert, hat aber nur einen Polster von zwei Plätzen. Im Klartext: Er muss in den nächsten Turnieren unbedingt punkten! Deshalb wird er noch im Februar beim Grand Slam in Düsseldorf, sowie im März beim Grand Prix in Rabat und beim Grand Slam in Ekaterinenburg zu sehen sein. Und dort kann, nein MUSS, der 30-Jährige beweisen, dass Paris nur ein Ausrutscher war und sein Denkmal in der Judo-Welt noch nicht wackelt …